Be an Ally
Starke Stimmen für Diversity und Inklusion

Hast du dich schon einmal gefragt, wie es ist, als Fledermaus zu fliegen und zu jagen?

Der US-Philosoph Thomas Nagel schon. Er versuchte in seinem 1974 veröffentlichten Essay der Frage auf den Grund zu gehen, inwieweit es möglich ist, sich die Perspektive eines anderen Wesen einzufühlen.

Gleiches gilt dafür, wenn wir versuchen, die Brille von marginalisierten Gruppen auf zu setzen.

Wie ist es die einzige Frau in einem Meeting nur mit Männern zu sein? Wie fühlt es sich an, schwarz zu sein in einer weißen Mehrheitsgesellschaft? Als transidentitäre Person im Hetero-Kollegium? Oder als Rollstuhlfahrer im riesen Gebäude mit nur einem Fahrstuhl?

Schlussendlich wissen wir nicht, wie es sich wirklich anfühlt, außer wir gehören zu all diesen Gruppen gleichzeitig.

Wir können allerdings als Ally mit Empathie, Wissen und viel Eigenreflexion unsere Privilegien nutzen, um die Stimme dieser Gruppen zu unterstützen.

Eine kürzlich im Journal of Business Ethics veröffentlichte Studie zeigt jedoch eindrücklich, dass viele aufgrund diverser Ängste wie der Sorge mit der eigenen Handlung harte Gegenreaktionen für die Betroffenen zu verursachen oder der Befürchtung, in die Rolle des „weißen Retters“ bzw. des „Ritters in glänzender Rüstung“ zu verfallen, in einer Art handlungsunfähigen Starre ausharren. Auch gibt es oft Unsicherheiten darüber, wie viel oder welche Unterstützung angebracht ist.

Dies sehen wir auch immer wieder in berühmten Beispielen wie dem „Sofagate“. Welches Ursula von der Leyen mit folgenden Worten vor dem Europaparlament bekundete:

„Ich fühlte mich verletzt und allein gelassen. Als Frau und als Europäerin“.

Doch was war passiert?

Man hatte ihr beim Staatsbesuch in der Türkei einen Sofaplatz abseits vom EU-Ratspräsidenten Michel und dem türkischen Präsidenten Erdogan zugewiesen, die dagegen einander zugewandt auf zwei Sesseln saßen. Später entschuldigte sich Michel öffentlich für sein Verhalten.

Wie können wir uns aus der Starre lösen und wirklich aktive Allies für unsere Kolleg:innen und die Menschen um uns herum sein?

1. Anerkennung

Die meisten von uns sind in bestimmten Bereichen privilegiert. Was nicht damit gleichzusetzen ist, dass wir nicht hart gearbeitet hätten oder uns alles geschenkt wurde. Privilegiert zu sein bedeutet lediglich, dass wir zu einer Mehrheit gehören, die aufgrund dessen, dass sie überwiegt, gesellschaftlich als „normal“ anerkannt wird.

Peggy McIntosh beschreibt beispielsweise weiß zu sein als unsichtbaren Rucksack vollgepackt mit Vorteilen, die man als weißer Mensch gar nicht als Vorteile sieht, sondern als die Normalität wahrnimmt.

Zum Beispiel kann man als weißer Mensch beim Kauf eines Pflasters sicher sein, dass das Produkt der Hautfarbe einer weißen Person ähnelt. Oder bleiben wir beim Büroalltag, so wird einem Menschen mit Handprothese das Tippen auf einer normalen Tastatur viel schwerer Fallen als einer:m Kolleg:innn mit zwei gesunden Händen. Dies kann man als nicht-behinderte Person anerkennen, ohne dass es die eigene Leistung schmälert.

Privilegien sind meist situativ, so kann ich beispielsweise als weiße Frau in Europa aufgrund der Hautfarbe privilegiert sein, hinsichtlich des Geschlechtes aber gleichzeitig Benachteiligung erfahren. 


Die Anerkennung dieses Status quo schafft eine Wahrnehmung für das Problem und hilft, alle weiteren Schritte zu untermauern.

2. Offene und wertschätzende Kultur

Aktives Allieship implementieren wir nicht in einer Organisation dadurch, dass wir eine Rundmail oder eine Anordnung erlassen. Diversity, Inklusion und Empowerment müssen zu festen Bestandteilen der Unternehmenskultur und von den Mitarbeitenden mit Leben gefüllt werden.

Dazu zählt vor allem auch eine offene Feedbackkultur, welche es den Kolleg:innen ermöglicht, offen Herausforderungen und Ungerechtigkeiten anzusprechen ohne Angst vor Konsequenzen und Zurückweisung.

3. Soziales Investment

Es braucht ein soziales Bekenntnis, dass Ausgrenzung, Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen jeglicher Art inakzeptabel sind. Das strukturelle und Alltagsausgrenzung real sind und dass die meisten von uns nicht frei von diesen Dingen sind.

Unternehmen und Management müssen klare Haltung nach innen und außen zeigen. Dazu gehört auch ein aktives Vorleben durch die Unternehmensführung. Sowie die Stärkung von Allynetzwerken innerhalb der eigenen Organisation.

Allies inspirieren laut einer Studie von LeanIn und McKinsey andere Menschen dazu, sich ebenfalls zu engagieren und somit eine Kultur der Akzeptanz wachsen zu lassen.

4. Wissen und Ally-Strategien

Wir können nur lernen, die Fledermaus besser zu verstehen, wenn wir uns Wissen aneignen, zuhören und beobachten.

Regelmäßige Austauschrunden, Workshops, Fortbildungen und Gespräche mit Menschen aus marginalisierten Gruppen helfen deinem Team, sich besser in die Position hineinzuversetzen. Einen Perspektivwechsel vorzunehmen.

Besonders, wenn Menschen ein Bedürfnis danach äußern, über ihre eigenen Erfahrungen zu sprechen, sollte ihnen ein Raum dafür geschaffen werden. Auch anonymes Feedback aus der Zielgruppe (sei es innerhalb der Organisation oder von Außen) helfen „blinde Flecken „ zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.


Möchte ich beispielsweise mehr Frauen einstellen, dann kann ich explizit diese Zielgruppe anfragen, was sie von Außen für einen Eindruck haben und warum dieser möglicherweise abschreckend sind beziehungsweise, was weiter ausgebaut werden kann.

5. Aktives Handeln

Hand aufs Herz, jetzt gehts ans Handeln.

Das Wissen und die innere Haltung müssen in aktive Handlungsmuster übersetzt werden. Dies gelingt dadurch, dass ein Herausstellen von Benachteiligung und Biases (Vorurteil oder Voreingenommenheit) herausgestellt und benannt werden.

Binde Kolleg:innen deren Meinung und Input selten berücksichtig wird aktiv ein. Bringe bei Beförderungen und Gehaltsveränderungen bisher oft übersehene Mitarbeitende mit an den Diskussionstisch. Etabliert sensible Bewerbungsverfahren und Mentor:innen-Programme.


Doch wie gehe ich mit der Angst um, als „weißer Retter“ wahrgenommen zu werden?

Dabei gibt es zwei ganz essenzielle Fragen, welche ich mir selbst und meinem Gegenüber stellen kann:

1. Inwieweit möchte die Person Unterstützung und die damit verbundene Aufmerksamkeit sowie
2. Inwieweit möchte ich aktiv werden, weil ich glaube, dass es richtig ist und es zu einer wertschätzenden Kultur im Team beiträgt?

Beide Fragen brauchen eine gute Balance und sollten die Bedürfnisse der betroffenen Person im Blick haben.

6. Keine Eintagsfliegen

Mitarbeitende merken relativ schnell, wenn Diversity lediglich am Christopher Street Day angesprochen wird oder wirklich eine nachhaltige Haltung dahinter steckt.

Denn besonders Allyship und Unterstützer:innen-Netzwerke sind komplex, brauchen Zeit und regelmäßiges Feedback.

Quasi ein Marathon und kein Sprint.

Doch hat man erst mal einen guten Laufrhythmus, wirkt sich eine inklusive Kultur nicht nur auf das Wohlbefinden der einzelnen Mitarbeitenden aus, sondern steigert gleichzeitig auch die Qualität und Produktivität der Arbeit insgesamt.

Wenn du mehr zum Thema Allyship erfahren möchtest und wie sich Diversity sowie Inklusion in deiner Unternehmenskultur verankern lassen, dann meld dich bei mir.

Quellen: 

Journal of Business Ethics – The EThIC Model of Virtue-Based Allyship Development: A New Approach to Equity and inclusion in Organizations

Harvard Business Review – Research: What Effective Allies Do Differently

Global Digital Women – SO GELINGT ALLYSHIP IM UNTERNEHMEN

Human Resources Manager – Verbündete für Vielfalt – Allies for Inclusion

Anti-Bias – Allyship – Wie Sie von Bias Betroffene unterstützen können

Hate Aid – How to become an Ally: Die goldenen Regeln des Allyship

Photo by Javier Allegue Barros

 

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