Wir alle kennen sie, die immer gut gelaunten und die, die in allem ein Learning sehen.
Versteht mich nicht falsch, positives denken kann viel erreichen und gibt uns auch stellenweise den Mut neues zu probieren, allerdings ist die Grenze dünn und gut gemeint kann manchmal auch schnell toxisch werden.
Folgende Situation:
Letztes Meeting am Freitag, Projekte sind auf dem Stand, alle To-dos abgehakt und erst einmal die Pause genießen.
Montag gehst du super motiviert zur Arbeit und als Erstes steht spontan ein Meeting mit deinem Vorgesetzten auf dem Plan. Fröhlich marschierst du ins Meeting, gespannt auf das Gespräch.
Du wirst gekündigt.
Personaleinsparungen.
Völlig perplex herrscht erst einmal ein Gefühlschaos in dir. Dein Chef argumentiert: „Sieh das doch als Chance und als Learning für die Zukunft. Alles im Leben hat sein Zweck“ – Äh Danke? – Du gehst aus dem Meetingraum noch ganz verwirrt, aber so langsam sackt die Kündigung ins Bewusstsein. Du bist traurig, enttäuscht und auch wütend darüber, dass alles so kurzfristig kommuniziert wurde und du nur gehen musst, weil du noch jung bist und schnell etwas Neues findest.
An deinem Platz bricht es aus dir heraus, du beginnst zu weinen. Deine Kollegin kommt zu dir, möchte dich trösten und argumentiert:
„Ach Mensch, guck doch mal, du musst nur positiv denken, dann wird das schon wieder. Sieh es nicht als Ablehnung. Lächel und dann ist die Welt auch wieder in Ordnung!“
Aber du findest die Kündigung unfair! Schnell entsteht der Eindruck, dass deine Gefühle nicht ernst genommen werden und du die Wut, Traurigkeit und Zukunftsangst unterdrücken musst, um einen positiven Eindruck zu machen.
Wie du siehst, ist Positivität nicht immer hilfreich. Es gibt viele Situationen, in denen uns ein zukunftsorientiertes Mindset weiterbringt, allerdings dürfen wir dabei nicht aus den Augen verlieren, dass alle Emotionen erst einmal weder positiv noch negativ sind und gehört werden wollen. Kappen wir alle Gefühle, welche wir als negativ bezeichnen, entsteht die Gefahr den Bezug zu unseren Emotionen zu verlieren. Wir fühlen uns taub.
Weitaus weitreichender sind die Auswirkungen, wenn wir diesen Maßstab an andere Menschen in unserer Umgebung anlegen. Wir sprechen ihnen damit die Legitimität ihrer Gefühle ab und zwängen sie in ein toxisches Denkmuster.
Eine Studie der American Psychologocial Association ergab, dass das Streben nach Glück oftmals mit einer zwanghaften Fokussierung auf alle nicht-positiven Gefühle einhergeht, was uns letztendlich noch unglücklicher machen kann.
Besonders Führungskräfte laufen Gefahr in diese Denkmuster zu fallen, denn sie wollen natürlich die Motivation des Teams hochhalten, um produktiv zu bleiben.
1. Hinfühlen
Nur wenn ich als Führungskraft die Klarheit über meine eigenen Gefühle habe, kann ich diese zum einen selbst benennen, mit ihnen umgehen und zum anderen auch Vorbild sein.
Als Führungskraft stehen wir unter Beobachtung und setzten ganz häufig auch den Ton für die Kommunikation im Team. Leben wir demnach vor, dass es ok ist Dinge auch mal negativ zu sehen, traurig über Entwicklungen zu sein oder auch wütend über bestimmte Aspekte, ohne dabei den Fokus auf Konstruktivität zu verlieren, fällt es den Mitgliedern des Teams leichter ihre eigenen Emotionen zu auszudrücken.
2. Hinhören
Entgegen dem obigen Beispiel, ist es unheimlich wichtig als Führungskraft gut zuhören zu können. Schnell abgetane Emotionen:
„Ach da musst du nur positiv denken“ oder „na ja, vielleicht hast du einfach noch nicht das richtige Mindset“, lassen schnell den Eindruck entstehen, dass ich als Führungskraft kein Interesse an den Herausforderungen meiner Teammitglieder habe. Dies verhindert eine auf Wertschätzung basierende Beziehung.
Aktives Zuhören, offene Nachfragen und das Gesagte ernst nehmen, stellen hierbei die Grundvoraussetzung für ein starkes Team dar.
3. Toxisches Verhalten ansprechen
Als Führungskraft bist du Vorbild. Jemand versucht dir oder einer anderen Person Gefühle abzusprechen? Sprich dieses Verhalten an. Zeige, dass toxisches Verhalten keinen Platz im Team hat und nimm die Emotionen deiner Kolleg:innen ernst.
4. Nachfragen statt Positivismus
Schmeiß Äußerungen wie:
„Na ja, da musst du jetzt nicht traurig sein, wenn du nur positiv denkst wird alles wieder!“ über Bord und stell stattdessen unterstützende Fragen.
„Was brauchst du gerade?“ oder „Was können wir gemeinsam tun, um die Situation zu verändern?“.
Dies zeigt deinem Team, dass du sie wahrnimmst und mit ihnen auf Augenhöhe kommunizierst. Gemeinsam könnt ihr an einer konstruktiven Lösung arbeiten und entdeckt eventuell auf dem Weg ganz neue Sichtweisen.
5. Lass negatives zu
Nicht alles ist immer eine Chance. Wenn du einer Person kündigen musst ist das erst einmal ziemlicher Mist und auch dem Team wird es damit eventuell nicht gut gehen. Doch bevor du dies gleich als Chance oder Boost nach vorn titulierst, gib ihnen Zeit auch auszusprechen, was sich daran gerade nicht gut anfühlt. Nimm ihre Sorgen und Ängste ernst und gib ihnen das Gefühl, mit diesen gehört zu werden.
Wenn wir mit unseren Emotionen gehört werden, fühlen wir uns sicher und öffnen uns. Doch in einem toxisch positiven Umfeld werden Sorgen oder Kritik schnell als Miese-Peter-Tum abgestempelt und übergangen.
Werden sie deshalb zukünftig nur noch meckern und sich über alles beschweren? Vermutlich nicht.
Eine Studie des Journal of Personality and Social Psychology legt nahe, dass die Akzeptanz negativer Emotionen im Gegensatz zur Vermeidung dieser dazu führt, dass wir auf kurze sowie lange Sicht lernen, mit diesen besser umzugehen. Manchmal brauchen bestimmte Emotionen einfach ein Ventil, Sorgen wollen angesprochen werden und Raum im Kopf muss erst für Chancen eingeräumt werden. Schaffe eine Kommunikation für das komplette Spektrum und erziele damit mehr Realismus.
6. Zeig Respekt
Emotionen, wie auch Menschen, sind nicht immer rational. Auch wenn du die Emotionen deines Gegenübers nicht nachvollziehen kannst, tu sie nicht ab. Stelle Fragen und höre zu. So zeigst du nicht nur Respekt der Person gegenüber, begibst dich auf eine Augenhöhe, sondern signalisierst auch Empathie.
Wer weiß, vielleicht wirst du auch überrascht. Innovation braucht Reibung. Viele schöpferische Prozesse sind in der Vergangenheit nur entstanden, weil jemand ein Problem erkannt hat, sich daran gerieben hat und für dieses eine Lösung finden wollte. Wenn alles immer nur positiv ist, dann braucht es keine visionären Ideen mehr, keine kreativen Ansätze und auch kein Streben nach Veränderung.
7. Sei ehrlich
Jede:r von uns macht Fehler und reagiert nicht immer angebracht oder durchdacht, besonders in emotional aufgeladenen Situationen. Steh dazu, wenn du mal einen Fehler gemacht hast und zeige deinem Team dadurch, dass es ok ist nicht perfekt zu sein.
Nein, positives Denken ist eine super wichtige Eigenschaft, welche auch gelernt werden kann. Sie gibt uns die Fähigkeit, Mut zu fassen, auf Ziele zuzuarbeiten und gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Es braucht wie alles im Leben die komplette Bandbreite und für den Realismus-Check kannst du unsere Infografik zur Hilfe nehmen. Damit umschiffst du die toxischen Fallstricke.
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